Die Personaldienstleistungsbranche wird 2024 im Zeichen der Wachsamkeit und Transformation stehen
Das Jahr 2023 stand im Zeichen signifikanter Herausforderungen und Veränderungen, die sich auch auf das Jahr 2024 auswirken werden. Diese Entwicklungen betreffen nicht nur die allgemeine Wirtschaft, sondern haben auch spezifischen Impact für die Personaldienstleistungsbranche. Gleich zu Beginn: Die Gründung des Gesamtverbands der Personaldienstleister Ende 2023 war ein wichtiger Schritt, um die Interessen der Branche auf politischer und gewerkschaftlicher Bühne zu vertreten und auf die Gestaltung von Arbeitsbedingungen Einfluss zu nehmen.
Tarifliche Änderungen
Neben den „gewöhnlichen“ tariflichen Änderungen wurde die ursprünglich für Arbeitgeber als freiwillige Möglichkeit gedachte Inflationsausgleichsprämie für die PDL als verpflichtende Leistung definiert, sofern der Einsatzbetrieb diese gewährt hat. Die operative Umsetzung bei BZ-pflichtigen Einsätzen ist kompliziert und bis kurz vor knapp nicht hundertprozentig klar, das Verständnis der Kundenbetriebe bezüglich der zusätzlich zu leistenden Zahlungen sehr geteilt. Für viele Kundenbetriebe ist die zusätzliche Belastung in Ordnung, einige verweigern sich jedoch völlig. Hier bleiben die PDL auf den zuvor nicht im Preis einkalkulierten Kosten sitzen oder riskieren die Kundenbeziehung, wenn sie auf die Berechnung bestehen. Wir sind gespannt, wie sich die Umsetzung und insbesondere Akzeptanz ab Januar in der Praxis darstellt.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Die Erhöhung der Zinsen durch die Zentralbanken und eine restriktive Wirtschaftspolitik führten zu höheren Finanzierungskosten und einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, sogar zu einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung. Weiter anwachsende Bürokratie, eine wirtschaftsunfreundliche Energiepolitik, geopolitische Spannungen, insbesondere der Krieg in der Ukraine und der Israel-Palästina-Konflikt, trugen zusätzlich zu einer allgemeinen Marktunsicherheit bei. Diese Faktoren hatten einen dämpfenden Effekt auf die Konjunktur in 2023 und werden voraussichtlich auch 2024 spürbar sein. Insbesondere der Bausektor und alle davon abhängigen Unternehmen, sowie der Maschinenbau leiden unter leeren Auftragsbüchern und fehlender Investitionsbereitschaft. Wir erhalten vermehrt Kündigungen der Kreditversicherer für Forderungsausfälle und beklagen leider einige Insolvenzen von langjährigen Kundenbetrieben.
Arbeitskräfte- und Fachkräftezuwanderung
Ein wichtiger Aspekt für die Zukunft insbesondere mit Blick auf die demographischen Daten ist die Arbeitskräfte- und Fachkräftezuwanderung. Die Babyboomer-Jahrgän-ge gehen aktuell und innerhalb der nächsten 10 Jahre in Ruhestand, KI wird den Arbeitsmarkt zwar in Teilen revolutionieren, aber nicht für alle offenen Stellen ein adäquater Mitarbeiterersatz sein können. So wird in vielen Branchen die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte zunehmend wichtiger, nach aktuellen Schätzungen benötigen wir hierzulande deutlich über 400.000 pro Jahr! Personaldienstleister spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie internationale Talente akquirieren und in den lokalen Arbeitsmarkt integrieren. Dies erfordert jedoch auch eine Anpassung an die unterschiedlichen kulturellen und beruflichen Hintergründe der Arbeitskräfte und einen enormen Mehraufwand. Die Branche ist bereit, diesen zu leisten, benötigt aber politische Unterstützung und angepasste gesetzliche Rahmenbedingungen, wie den Wegfall von §40 Aufenthaltsgesetz, der die Anwerbung von Arbeitskräften aus Drittstaaten für PDL-Unternehmen verbietet. Der Zugang zu Fördermitteln, wie sie jede andere Branche für die Integration von Arbeitskräften mit „Vermittlungshemmnissen“ erhält, sollte auch uns nicht verwehrt oder erschwert werden, wie es leider vielerorts bei den zuständigen Behörden noch ist.
Verlagerung von Produktionsbereichen ins Ausland
Ein weiterer Trend, der auch die Branche beeinflusst, ist die Verlagerung von Produktionsbereichen ins Ausland. Die weitere Anhebung von Tarif- und Mindestlöhnen und die geplante drastische Erhöhung von Bürgergeld, die den Anreiz im Nied-riglohnsektor zu arbeiten quasi aus-hebelt, befeuert diese traurige Entwicklung. Selbst sonst mit der Heimat traditionell tief verbundene Familienunternehmen, entscheiden sich angesichts wachsendem internationalem Wettbewerbsdruck, niedrigeren Energiekosten und gesicherter Energieverfügbarkeit, geringerer Löhne und Lohnnebenkosten und insgesamt günstigerer Rahmenbedingungen für diese Verlagerung ins Ausland.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Zurückhaltung bei Investitionen wird sich auch Anfang des neuen Jahres bemerkbar machen, die Zinsentwicklung nach unten und eine aktuell starke Börse stimmen vorsichtig optimistisch, was die konjunkturelle Lage insgesamt betrifft. Für die Personaldienstleistungs-branche wird 2024 im Zeichen der Wachsamkeit und Transformation stehen. Die Herausforderungen umfassen die weiterhin erforderlichen Anpassungen an eine unsichere Wirtschaftslage, die Verwaltung von Arbeitsverhältnissen unter komplexen gesetzlichen und tariflichen Vorgaben, die intensive Nutzung von KI und konsequenter Digitalisierung von Prozessen, ohne das „Menschliche Miteinander“ zu verlieren. Gleichzeitig bieten sich Chancen durch eine verstärkte Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen und die Vermittlung internationaler Fachkräfte.
Personaldienstleister sind gefordert, agil zu bleiben und sich als unverzichtbare Partner in der sich wandelnden Arbeitswelt zu positionieren.
Artikel erschienen in "Blickpunkt Dienstleistung - Zeitarbeitreport- Fachzeitschrift für Personaldienstleister" Ausgabe 12/2023